Deep Medicine -- Künstliche Intelligenz in der Medizin -- Wie KI das Gesundheitswesen menschlicher macht by Eric Topol

Deep Medicine -- Künstliche Intelligenz in der Medizin -- Wie KI das Gesundheitswesen menschlicher macht by Eric Topol

Autor:Eric Topol [Eric Topol]
Die sprache: eng
Format: epub
Herausgeber: mitp Verlag
veröffentlicht: 2019-11-20T16:00:00+00:00


Kapitel 9:

KI und das Gesundheitswesen

»Die Pflegekräfte tragen Kittel, aber die Kittel sind sehr, sehr sauber. Die Patienten sind woanders.«

– ARTH‌UR ALLEN

Vor ein paar Jahren – es war ein warmer, sonniger Nachmittag – fegte mein neunzig Jahre alter Schwiegervater seine Veranda. Plötzlich fühlte er sich schwach, und ihm war schwindelig. Er klappte zusammen, fiel auf die Knie, kroch in seine Wohnung und auf das Sofa. Als meine Frau Susan ein paar Minuten später eintrat (wir leben nur ein paar Minuten entfernt), zitterte er, war aber klar im Kopf. Ihre SMS erreichte mich gegen Ende meiner Sprechstunde: Ich möge bitte kommen.

Als ich ankam, war er schwach und konnte nicht aus eigener Kraft stehen. Die Ursache für diesen Vorfall war nicht klar. Eine schnelle neurologische Untersuchung zeigte keine Auffälligkeiten: Sprache und Sehvermögen waren in Ordnung, Muskel- und Sinnesfunktionen bis auf ein leichtes Muskelzittern ebenfalls. Ein mittels Smartphone erstelltes EKG und eine Echokardiografie waren ebenfalls normal. Wohl wissend, dass die Idee nicht auf Begeisterung stoßen würde, schlug ich vor, in die Notaufnahme zu fahren, um der Sache auf den Grund zu gehen.

John, ein im Zweiten Weltkrieg mit dem Purple Heart ausgezeichneter Veteran, war zuvor noch nie krank gewesen. Wir hatten ihn erst kurz zuvor in unser Genomsequenzierungsprogramm Wellderly (Anmerkung des Übersetzers: Wortspiel aus well = gut, gesund und elderly = ältere Menschen) am Scripps Research aufgenommen, in dem Menschen ab 85 Jahren mit einer bemerkenswerten »Gesundheitsgeschichte« untersucht wurden. Auch hatte er keine chronischen Krankheiten und nahm keine Medikamente wie Statine gegen hohes Cholesterin oder Medikamente gegen andere chronische Leiden. Seit ein paar Monaten war sein Blutdruck‌ leicht erhöht. Sein Internist hatte ihm Chlorthalidon dagegen verschrieben, ein schwaches Diuretikum. Das einzige Medikament, das er ansonsten im Laufe der Jahre eingenommen hatte, war ein tägliches »Baby-Aspirin« zur Vorbeugung.

Nach ein wenig Überzeugungsarbeit stimmte er meinem Vorschlag zu, und wir drei machten uns auf den Weg zur Notaufnahme. Der diensthabende Arzt tippte auf einen Schlaganfall, aber ein CT des Kopfes zeigte keine Auffälligkeiten. Doch dann war das Blutbild fertig und zeigte einen dramatischen niedrigen Kalium‌wert von nur 1,9 mEq/l – ein solch niedriger Wert war mir zuvor nur selten untergekommen. Das konnte eigentlich nicht allein am Diuretikum liegen. John blieb die Nacht über im Krankenhaus, wo sein Kaliumwert intravenös und oral wieder angehoben wurde.

Alles schien in Ordnung, doch einige Wochen später erbrach er plötzlich hellrotes Blut. Er sträubte sich so sehr dagegen, krank zu sein, dass er seiner Frau sagte, sie solle Susan nicht anrufen. Doch sie war in Panik und rief trotzdem an. Susan machte sich sofort auf und war kurz darauf dort. Überall war Blut: im Schlafzimmer, im Wohnzimmer und im Bad. Ihr Vater war bei vollem Bewusstsein, obwohl er weiter erbrach und sein Stuhl schwarz und teerartig aussah – zwei klare Anzeichen für eine große gastrointestinale Blutung. Der nächste Besuch in der Notaufnahme stand an. Einige Stunden später hatte er eine Untersuchung und Konsultation mit einem Facharzt für Magen-Darm-Krankheiten hinter sich. Eine eilig angesetzte Endoskopie zeigte, dass mein Schwiegervater an Ösophagusvarizen‌ litt, die für die Blutung verantwortlich waren.



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